Mit KonsR, OStR. Prof Mag. Jakob Hammerl ist vergangene Woche nicht nur der Pfarrer der Pfarre Gosau von uns gegangen. Mit ihm verlieren wir auch einen herausragenden Schulseelsorger, der unzählige junge, fragende und suchende Menschen mehrerer Generationen im Gymnasium Bad Ischl begleitet hat. Mit hingebungsvoller Menschenliebe, großer Empathie und ohne jeglichen Druck begleitete Jakob Hammerl seine ihm im Religionsunterricht anvertrauten Schüler:innen  bei Bedarf stand er auch in seiner schulfreien Zeit als aufmerksamer Zuhörer zur Verfügung. Mit seiner unaufdringlichen und respektvollen Art trug er nachhaltig den zur Persönlichkeitsentwicklung vieler junger Menschen unserer Region bei. Stellvertretend für all diese ehemaligen Gymnasiast:innen möchte ich an dieser Stelle noch einmal unseren großen Dank an Jakob Hammerl zum Ausdruck zu bringen. (Mag. Roland Glaßer, MA) 

Stellvertretend für viele Schüler:innen erinnert sich Dr. Herwig Gottwald an seine Zeit mit Jakob Hammerl:  

Im Frühjahr 1971 bekamen wir, die damalige 3.a Klasse des Gymnasiums, einen neuen Religionslehrer. Statt des bisherigen unbeliebten betrat ein jugendlicher, freundlicher und heiterer Herr das Klassenzimmer: Jakob Hammerl, der Pfarrer von Gosau, fiel von Anfang an durch seine unkonventionelle Art des Auftretens, seinen Humor und die ihm eigene Begabung auf, mit Kindern und Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Ihm ging es, das wurde sehr rasch deutlich, nicht primär um Stoffvermittlung, Prüfen oder Strenge gegenüber den Schülern, auch trachtete er nicht danach, uns dogmatisch zu belehren, ideologisch zu bevormunden oder uns mit theologischen Glaubenssätzen zu indoktrinieren. Sein Unterricht folgte nicht eingefahrenen didaktischen oder strengen pädagogischen Konzepten; vielmehr versuchte er durch schülernahe Gesprächsführung, mit den Lebenswelten der ihm Anvertrauten bekannt zu werden, die Bedeutung des Religiösen im Leben der jungen Menschen auszuloten, mit ihnen auch über ihre Probleme im schwierigen Alter der Adoleszenz zu sprechen, ohne uns einfache Lösungen aufzudrängen. Dabei gelang es ihm, offen und authentisch mit uns über Fragen der Moral, der Religion, auch der zwischenmenschlichen Beziehungen, über Freundschaft, Liebe und Sexualität zu sprechen, ohne uns zu überfordern.
Nicht immer waren seine Ausführungen sofort allgemeinverständlich; man brauchte manchmal etwas Zeit, um ihm auch folgen zu können. Mit zunehmendem Interesse hörten viele von uns über Bereiche des Lebens und der menschlichen Kultur, die uns bislang fremd oder verschlossen gewesen waren. Ich persönlich fand durch ihn einen Weg zu den tieferen Dimensionen des Daseins, abseits des gewöhnlichen Alltagslebens und von dessen Problemen (oder Scheinproblemen). Dass diese Welt nicht nur aus Materiellem besteht, dass die in der Gesellschaft weitgehend dominierenden materialistischen Ideologien auch geistige Verarmung bedeuten können, das wurde mir durch die herausragende Persönlichkeit dieses Lehrers immer klarer. Er brachte Bücher großer Philosophen mit in den Unterricht und erzählte uns etwa von Hegels „Phänomenologie des Geistes“, von Platon und Kierkegaard, aber auch vom Existentialismus, dessen Hauptvertreter er uns nahezubringen versuchte. Durch Jakob Hammerl lernte ich Sartre kennen, er erklärte uns das schwierige Drama „Hinter verschlossenen Türen“, das wir im Kurhaus sehen konnten; er machte uns mit Albert Camus bekannt, dessen Werke ich damals, in der 7. Klasse, zu lesen begann. Mit ihm konnten mein Freund Edi und ich über Nietzsche diskutieren, den wir zu lesen versuchten und dabei ziemlich allein waren.
Einer seiner zentralen Grundsätze lautete: In bestimmten Momenten und bei gewissen Themen müsse man „darüberstehen“… Damit meinte er, sich bestimmten Provokationen und negativen Einflüssen zu verweigern und eine gelassene Haltung einzunehmen, die eine innere Befreiung ermöglichen könnte. Auch wenn mir das oft nicht gelang, blieb es mir doch eine Leitschnur für viele Jahre.
Jakob Hammerl wies mir und anderen auch den Weg zur Kunst, zur Bedeutsamkeit der großen Werke der Literatur und Musik, die für ihn einen Weg in die Tiefenregionen des Seins verkörperten, was er authentisch vermitteln konnte. Auch Religion und Religiosität erschöpften sich für ihn nicht in bloßer Buchstabengläubigkeit oder am Festhalten an orthodoxen Lehren: Er vertrat eine liberale Theologie in Zeiten des konservativen bis reaktionären Mainstreams in den oberen Machtinstanzen der Kirche. Dies blieb seine Leitlinie bis zuletzt und wurde mir auch anlässlich der Trauung mit meiner evangelischen Frau deutlich.
Jakob Hammerls eindrucksvolle Persönlichkeit war gerade in den geistig und seelisch oft schwierigen Jahren der Jugend von entscheidender Bedeutung für nicht wenige seiner Schülerinnen und Schüler. Er war aber nicht nur als Lehrer und Priester nachhaltig wirksam, sondern auch ein besonders lieber, zugleich oft zurückhaltender und bescheidener Mensch, der mir und vielen seiner Schüler:innen unvergessen bleiben wird, dessen wir in Dankbarkeit gedenken.

Ao. Univ.-Prof. i.R.Dr. Herwig Gottwald